Diepensiepen 10C, 40822 Mettmann, DE
Die sogenannte Koburg ist ein im Neandertal auf einer Anhöhe gelegenes burgartiges Gebäude, das sich die Mettmanner Industriellenfamilie Wilhelm Kocherscheidt 1921 als Wohnhaus gebaut und bis etwa 1929/30 auch bewohnt hat. Im Volksmund war zu dieser Zeit für das Anwesen der Name "Koburg" als Abkürzung für "Kocherscheidts Burg" aufgekommen.
In der Koburg waren von Juni bis September 1933 die Geschäftsräume der SA-Standarte 258 untergebracht. Das abseits gelegene Gebäude spielte als Haft- und Folterstätte eine zentrale Rolle bei der Verfolgung der politischen Gegner in der Anfangsphase der nationalsozialistischen Diktatur. Dort fanden Vernehmungen und vorübergehende Inhaftierungen von Mitgliedern und Sympathisanten der KPD und SPD sowie Gewerkschaftsmitgliedern statt, für die es keine Fluchtmöglichkeit gab. Die Gefangenen wurden für einen oder mehrere Tage festgehalten und vernommen, häufig auch misshandelt und gefoltert. Dabei kam im September 1933 Wilhelm Schmitt aus Hilden auf nie geklärte Weise ums Leben.
Die gewalttätigen Einschüchterungen begannen für die Gefangenen schon bei der Ankunft. So berichtete der Pflasterer Heinrich Küche:
„Wir wurden sofort zur Wache in der Koburg geführt. Dort wurden wir ohne ersichtlichen Grund geschlagen. Soweit ich beobachtet habe, bekamen sämtliche Schutzhäftlinge, die in der Koburg untergebracht waren, Schläge, und zwar mit der Hand und mit dem Gummiknüppel. […] Mir wurden nach meiner Einlieferung von einem anderen Häftling die Haare abgeschoren. Dabei gab mir dieser, offenbar auch unter Zwang, mehrere Ohrfeigen. Ich wollte mich wehren, wurde aber von den anwesenden SA-Leuten daran gehindert und aufgefordert, mit diesem Friseur einen regelrechten Boxkampf zu machen. “
Die Misshandlungen mussten die Häftlinge solange über sich ergehen lassen, bis sie die Informationen und Geständnisse, die die SA haben wollten, gegeben hatten. Nachdem die Gefangenen in Todesangst und mit zahlreichen und teilweise schweren Verletzungen ihre „Geständnisse“ gemacht hatten, sind viele nach meist wenigen Tagen wieder entlassen worden, andere sind in weitere Haftlager verlegt worden.
Die Vorgänge auf der Koburg im Jahre 1933 wurden unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Gegenstand von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wuppertal, die schließlich von Mai bis Anfang Juli 1949 vor dem Landgericht Wuppertal verhandelt wurden. Die noch lebenden Täter wurden zu mehr oder weniger geringfügigen Haft- und Geldstrafen verurteilt. Das Gericht wertete die Taten der Angeklagten alle als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und hat darüber hinaus auch in einigen Fällen die Straftatbestände der gefährlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung festgestellt. Letztlich war es dem Gericht aber nach mehr als fünfzehn Jahren nicht mehr möglich, einem oder mehreren Angeklagten den Mord an Wilhelm Schmitt oder die Misshandlungen an den Gefangenen im Einzelfall zu beweisen.