Angermünde ist die Stadt des Hartgestein-Symposiums. Seit Anfang der 1990er treffen sich hier Künstler*innen aus aller Welt, um die Findlinge der letzten Eiszeit zu bearbeiten. Mit dieser App könnt ihr die Skulpturen entdecken. Wenn euch die Tour gefällt, hinterlasst gerne eine kleine Spende über paypal info@uckermarkerleben.de Habt Spaß!
Autor: Kena Hüsers - Text und Design
Symposium - Glaziale-Brandenburg - Startseite
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Franziskanerkloster
Klosterstraße 40, 16278 Angermünde, DE
Bitte verwendet Kopfhörer, damit ihr alles gut hören könnt.
Oben links geht es zu den einzelnen Stationen. Über das Symbol rechts könnt ihr euch navigieren lassen. Auf den Stationsseiten findet ihr unten drei Symbole. Links für die Texte, in der Mitte für Bildmaterial und rechts für die Audio-Führung. Und jetzt kann es losgehen!
Das 9. Hartgestein-Symposium "Glaziale Brandenburg" fand im Herbst 2020 auf dem Klosterplatz statt. Erstmals versammelten sich wieder namhafte Bildhauer*innen aus ganz Europa unter der Leitung des uckermärkischen Künstlers Jörg Steinert in Angermünde.
http://steinertskulptur.de
Einmalig ist das Hartgestein-Symposium in dieser Form in Nordeuropa. Die Idee dazu hatte der heimische Bildhauer Joachim Karbe, der seit 1991 in regelmäßigen Abständen die Uckermärker Hartgestein-Symposien in Altkünkendorf und Angermünde abgehalten hatte. 2008 gab er die Organisationsleistung auf. Zwölf Jahre später nahm sich Jörg Steinert der Sache an und lud sechs Kunstschaffende zur Teilnahme ein. Er selbst ist ebenfalls mit einer Skulptur auf dem Klosterplatz vertreten und war auch in den Jahren zuvor mehrfach dabei. Der Ort des Geschehens ist dabei nicht neu. Bereits das 5. - 7. Hartgesteinsymposium fand hier statt. Die ersten vier Symposien hatte Jörg Karbe noch auf seinem eigenen Grundstück in Altkünkendorf abgehalten. Das Interesse der Bevölkerung und Gäste der Stadt war jedoch so groß, dass ein öffentlicher Raum dafür gefunden werden musste.
Doch was ist ein Hartgestein-Symposium überhaupt und welcher Gedanke steckt dahinter?
Die Idee liegt praktisch auf der Hand, wenn man die Uckermark kennt. Die Verschiebungen der letzten Eiszeit hinterließen tonnenschwere Findlinge, die man heutzutage am Straßenrand und in Kirchenfundamenten sieht und die zuhauf unentdeckt im Boden verweilen. Bei den Arbeiten an der Gaspipeline "Nord Stream 2" konnte man dies gut beobachten, weil die versteckten Kolosse nun an die Oberfläche traten.
Das Symposium hat mit dem Titel "Glaziale Brandenburg" die eiszeitlich (Eis = Glacies) entstandene Landschaftsform als Thema aufgegriffen und an die Kunstschaffenden weitergegeben. Der Gedanke dahinter: Die Bildhauer*innen nehmen diese, durch die Eiszeit geformten Findlinge und machen dort weiter, wo das schmelzende Eis aufgehört hat.
Das Material ist nicht ganz einfach zu verarbeiten und für die meisten Teilnehmer*innen neu. Findlinge bestehen nicht nur aus Granit. Es gibt Dutzende Materialien wie: Porphyr, Gneis, Diabas, Quarzit und Kalkstein. So verrät der Naturstein, aus welcher skandinavischen Region er stammt, aus Schweden, Norwegen, Dänemark oder der Insel Gotland.
Künstler*innen, die 2020 vertreten waren: Thomas Reifferscheid (D), Ton Kalle (NL), Chris Peterson (NL), Karin van Ommeren (NL), Antonino Grasso (IT), Pierluigi Portale (IT), Jörg Steinert, Symposiumsleiter (D)
Wir beginnen unsere Führung mit den Kunstwerken von Pierluigi Portale und Antonino Grasso und fahren im Uhrzeigersinn fort. Zu den einzelnen Stationen findet ihr im Walk auch Audio- und Videoaufnahmen und Bildmaterial.
Kunst auf dem Klosterplatz
Klosterstraße 43A, 16278 Angermünde, DE
Am Werk "Geschichte ohne Ende" vom heimischen Künstler Christian Uhlig vorbei und ums Klostereck kommend, seht ihr bereits die erste Skulptur des Hartgestein-Symposiums des italienischen Bildhauers Pierluigi Portgale. Seine Kunst ist bekannt dafür, dass sie keine Trennung zwischen figurativ und abstrakt kennt. Sein Stil zeichnet sich durch eine Leichtigkeit aus, die er im Laufe der Zeit ausgearbeitet und perfektioniert hat. Der Professor für Skulptur und Techniken aus Marmor und harten Steinen an der Akademie der bildenden Künste in Catania (Sizilien), fertigt vorab präzise Modelle seiner Skulpturen an, was seine perfektionistische Arbeitsweise unterstreicht.
Mit seiner Skulptur "Reflexionen", die zwei Dreiecke eines geteilten Gesichts, dessen Hälften durch ein Band fest verbunden sind, zeigt, möchte er das Gute in uns sichtbar werden lassen. "Wir sollten den Blick vom Außen wieder mehr nach innen richten und nachdenken, wie wir mit uns und unserer Welt umgehen", so Portale über sein Werk bei der Finissage am 30. September 2020.
Wenden wir uns dem zweiten Sizilianer der Runde zu, dem gelernten Steinmetz Antonino Grasso, der sich auf die Verarbeitung von Ätna-Lavastein spezialisiert hat und damit eigentlich am Pendant des aus der Kälte stammenden uckermärkischem Findlings arbeitet.
Auch wenn beide sizilianischen Bildhauer ein leichtes Mittelmeer-Feeling nach Angermünde brachten, sind die Themen durchaus ernst, denn auch Grasso hat eine wesentliche Botschaft für die Betrachter*innen seiner Skulptur. Die detailreiche Mauer, die Menschen nicht trennt, sondern durch ein Tor verbindet. Diese Aussage ist ein Spiegel der kulturellen sizilianischen Traditionen, die durch eine einzigartige Mischung aus griechischen, römischen, normannischen und arabischen Einflüssen geprägt wurde.
Folgen wir dem imaginären Uhrzeiger, sehen wir die Skulptur "Ringe" des Bochumer Künstlers Thomas Reifferscheid, der selbst von sich sagt, dass harte Gesteine sein Element seien. Er arbeitet gerne aus dem Bauch heraus direkt am Stein. Für diese Arbeitsweise benötigt er vorab keine Ideenskizzen, weil er die Beschaffenheit des Steins während des Schaffens auf sich wirken lässt. Der Bildhauer, der seine Kunst im öffentlichen Raum sehr gerne mit der Landschafts- und Architektur verbindet, schuf während des knapp vierwöchigen Symposiums die Skulptur "Ringe" und verband damit Urgestein mit Unendlichkeit. "Wir kennen Ringe in allen Variationen. Eheringe, kosmische Ringe, olympische Ringe, denn Ringe symbolisieren einen Anfang ohne Ende", so Thomas Reifferscheid während seiner Rede auf der Finissage am 30. September 2020 auf dem Klosterplatz.
Neben den Ringen von Thomas Reifferscheid stand die Skulptur "Schlange" der beeindruckenden Künstlerin Karin van Ommeren, die aus beruflichen Gründen erst eine Woche später als ihre Kollegen in Angermünde ankam. Sie hatte also nur drei Wochen Zeit, ihre Skulptur zu entwickeln, was ihr gelang. Die Künstlergruppe war sehr beeindruckt, mit welcher Energie die Bildhauerin ans Werk ging und die fehlende Zeit aufholte. Für Karin van Ommeren symbolisieren Findlinge „die Ureier, in denen es lebt. Die Schlange ist das Symbol für den Beginn des Lebens, sie schlüpfte aus dem Ei und schenkt der Welt ihre Eier. Es ist die alte Geschichte, die immer wiederkehrt“, sagt sie über ihre Skulptur.
Beeindruckt hat die Künstlerin nicht nur durch ihr Werk, denn sie ist zusätzlich ein Sprachgenie und übernahm die Übersetzungen (wenn es nötig war. Ton Kalle und Chris Peterson sprechen ebenfalls deutsch) auf der Finissage. Mit leichter Zunge wechselte sie vom Niederländischen ins Deutsche, vom Englischen ins Italienische und konnte so jedem Künstler bei der Befragung des Publikums helfen. Ihre Skulptur wurde 2023 verkauft und befindet sich jetzt in Privatbesitz.
Gehen wir zur nächsten Skulptur, die Jörg Steinert selbst als „Quintessenz des Menschen“ bezeichnet hat und die den schlichten Namen "Kopf“ trägt.
Der aufgeschlossene Bildhauer war auch Kopf des Symposiums. Er hatte alle Hände voll zu tun, um die Organisation und die Erstellung seiner eigenen Skulptur unter einen Hut zu bringen. Nach einem Rhythmus aus Figur, Stehenlassen und Politur, arbeitete er den ca. 3 Meter hohen Schädel aus dem Gneisgranit. Die etwa 10 Tonnen schwere Skulptur steht auf einem Sockelstein aus schwedischem Granit. Die Faszination des Urgesteins aus dem Norden liegt für Steinert nicht nur im Material selbst, sondern auch in dem, woher er kommt. "Ein Findling hat eine weitere Dimension: Die Erde, aus der er stammt", so der Künstler selbst bei der Enthüllung seines Werkes im September.
Jörg Steinert hat die Idee, die Skulptur zu erweitern und als Tor auszuarbeiten. Dafür ist vorgesehen, den Kopf mit einem Architrav (Horizontalbalken) zu versehen und einen weiteren Findling als Stütze dem Kopf gegenüberzustellen. Der Künstler würde das Tor dann gerne als Eingang zum Weltnaturerbe sehen. Eventuell wird er diesen Teil der Arbeit beim nächsten Symposium vollenden.
Die Skulptur "Genesis" von Jörg Steinert seht ihr auf dem Vorplatz zur Mälzerei, auf der das Hartgestein-Symposium unter der Leitung von Joachim Karbe 2008 stattfand.
Hat der "Kopf" und der Kopf der "Glaziale Brandenburg 2020" euer Interesse geweckt? Dann schaut mit Voranmeldung in Schönermark vorbei.
http://www.steinertskulptur.de/kontakt.html
Direkt neben Steinerts Skulptur befand sich bis Oktober 2023 das Werk "Familie" des Niederländers Ton Kalle, der nicht nur durch sein Können und seiner Hilfsbereitschaft im Kollegium und unter den Besucher*innen beliebt war, auch seine freundliche, herzliche und lustige Art brachte ihm viel Sympathie in Angermünde entgegen. Ton Kalle gehört bereits zum Inventar des Hartgestein-Symposiums, da er fast jedes Mal dabei ist, so auch 2023 als die Künstler*innen nach Schwedt wechselten, um dort ihre neuen Skulpturen zu fertigen. Weitere Werke von Ton Kalle befinden sich am schönsten Aussichtspunkt des Mündesees und im Kaisergarten. Orte, die gerne von jungen Liebespaaren zum Kuscheln genutzt werden, wie der Künstler selbst schmunzelnd beobachten konnte. Ton Kalle möchte seine Skulpturen nicht als Kunstwerke sehen, die nur aus der Ferne betrachtet werden, denn er hat mit den Steinen die Natur in die Stadt gebracht, damit die Menschen mit ihr leben. "Ich versuche, die Sprache des Steins in ihrer elementarsten Form sichtbar zu machen. Dieses raue Material der Erde will sprechen. Das braucht Ruhe, Stille und Einfachheit. Diese Elemente sind in meiner Arbeit immer vorhanden", so der Künstler über sein Schaffen. Die bunten Skizzen, die er vorab anfertigt, erinnern eher an Steckanleitungen für Holzspielzeuge, doch sind sie wichtige Bauanleitungen, um später die Steine punktgenau zusammenzufügen. Der Schwerpunkt muss im Auge behalten werden, damit die Findlinge einen gesicherten Platz einnehmen.
Das hier auf dem Klosterplatz entstandene monumentale Werk "Familie" über das er selbst sagt: „Jeder Stein hat seinen Charakter und seinen Platz, aber nur zusammen geben sie einander Halt“, steht nun in seinem eigenen Skulpturenpark in den Niederlanden.
Der letzte in der Runde ist der niederländisch-britische Künstler Chris Peterson. Auch er brachte den Findling als begehbare Skulptur in die Stadt. Sein Wunsch war es, einen zehn Tonnen schweren Stein zu bearbeiten, was ihm in den vier Wochen enorme Kraft abverlangte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Mit dem "Unterschlupf für die leisen Stimmen" bedachte der Bildhauer die junge Generation, die ihm sehr am Herzen liegt. "Ich habe diese Kunst für die Kinder geschaffen, denn wenn ich die Zukunft ändern möchte, muss ich bei den Kindern anfangen. Ein Kind, ein Findling, eine Veränderung für die Zukunft", beschrieb er seine Idee bei der Enthüllung. Gleich am ersten Tag nutzten die Kleinen die Steinhöhle als Versteck. Wann immer man auf den Platz kommt, wenn Kinder anwesend sind, sind sie auch schnell im Inneren des Steins verschwunden. Denn hier finden sie einen Ort, zu dem Erwachsene keinen Zugang haben.
In seiner niederländischen Heimatstadt Zwolle ist Chris Peterson die treibende Kraft hinter dem Projekt "XYZ-Area". Hier werden Schiffscontainer gestapelt, die als Projektraum für Künstler*innen dienen sollen. "Es wird ein Ort für Kunst, Design und Architektur sein. Ein Ort, an dem Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten, gedeihen, und sich austauschen können", sagt der Bildhauer im Interview mit dem niederländischen Fernsehen rtvfocus.
Ihr fragt euch, ob eine Skulptur ausgelassen wurde? Jein! Der Findling mit der glatten Oberfläche gehört nicht zu diesem Symposium. Er wurde bereits 2004 vom Lemgoer Künstler Dorsten Diekmann bearbeitet. Der Bildhauer nahm vier Jahre zuvor schon am Millennium-Symposium teil und erschuf die Skulptur "Dynamik", die ebenfalls durch ihre spiegelglatte Oberfläche überzeugt. Hier am Kloster seht ihr das Werk "Ikarus".
"Als ich begann, den Stein zu bearbeiten, war es mein Bestreben, ihm eine Bewegung zu geben, ihn leicht zu machen. Die Umgebung und der Himmel spiegeln sich in den polierten Flächen. Mit den Witterungs- und Lichtverhältnissen verändern sich die Farben. Der große Block wird getragen und gehalten von zwei anderen Steinen, nur sie berühren den Boden", beschreibt Dorsten Diekmann sein Werk im Katalog zum 7. internationalem Hartgestein-Symposium.
Kaisergarten
16278 Angermünde, DE
Der niederländische Künstler Ton Kalle ist selbst schon ein Urgestein des Hartgesteinsymposiums, so oft, wie er vertreten war. So wie er die Uckermark in sein Herz geschlossen hat, haben die Uckermärker*innen ihn in ihre Herzen geschlossen. So schreibt der lebenslustige Künstler im Katalog zum Symposium im Jahre 2000 selbst:
„Die Uckermark ist für mich das Paradies der Findlinge. Die Landschaft ist von Gletschern aus der Eiszeit geschaffen - die Hügel und die Felder mit den alten Steinen. Es ist eine schöne Natur. Die Natur habe ich in die Stadt gebracht. Und jetzt steht sie an dem Hang vor der alten Stadtmauer am Pulverturm - wie eine spiegelnde Bewegung in dieser Zeit. Ich versuche, die Sprache des Steins in ihrer elementarsten Form sichtbar zu machen. Dieses raue Material der Erde will sprechen. Das braucht Ruhe, Stille und Einfachheit. Diese Elemente sind in meiner Arbeit immer vorhanden.“
Trifft man Ton Kalle persönlich, ist man erstaunt, wie viel Ruhe die Kunst dieses quirligen und humorvollen Künstlers ausstrahlt. Hier im Kaisergarten seht ihr die Skulptur „Bewegung“ auf der es sich auch gut verweilen lässt.
2004 kam die Steinformation „Keiner am Ziel“ der italienischen Künstlerin Erika Inger hinzu. Auf der Oberfläche könnt ihr den Text „Alle Wege führen in Richtung Wahrheit aber keiner endet am Ziel“ lesen. Die Findlinge stehen in der Gruppe, fremdartig auf ihren vielen Beinen, als würden sie gleich davonlaufen. Deshalb wirkt das Ensemble leicht und schwebend und regt dazu an, sich hinzusetzen und sich davontragen zu lassen, auch wenn die Reise nur kurz aus der realen Welt in eine erschaffene Realität geht. Nutzt die Zeit, setzt euch und spürt die Wärme und Kälte, das Glatte und Raue des Findlings und genießt den Augenblick.
Seetor
Seestraße 11C, 16278 Angermünde, DE
Ihr befindet euch an der Mündesee-Promenade und könnt gleich mit dem Schlendern beginnen. Auf diesem Weg werden euch viele interessante Kunstwerke begegnen. Die meisten sind beschriftet. Lasst sie auf euch wirken. Ich werde dazu nichts sagen, da die Werke für sich sprechen und euch ohne Erklärung erreichen sollen. Nehmt euch die Zeit, betrachtet die Findlinge in ihrer Umgebung, schaut sie euch von allen Seiten an und betastet auch ihre kühle Oberfläche. Gebt euren Sinnen die Zeit, die Findlingskunst wahrzunehmen.
Bevor ihr die Promenade entlang bis zur Mälzerei geht, möchte ich zu den zwei Werken, die ihr hier am Seetor seht, etwas sagen. Die Skulptur "Magischer Kreis" entstand im Millennium-Jahr und wurde vom Künstler Luciano Dionisi als Arbeit mit einer architektonischen Struktur bestehend aus einem Kreis, in dessen Mitte sich drei vertikale Elemente befinden, erschaffen. Der Kontrast zwischen den senkrechten Stelen und der ausgleichenden Ruhe des äußeren Kreises, bestimmt das Werk. Die acht als Kreis angeordneten Findlinge werden vom Künstler als Darstellung der kosmischen Balance angesehen. Eine Vermittlung zwischen Erde und Himmel, Mensch und Gott, Seele und Körper. Der Steinkreis bildet einen engen Bogen, einen Schutz, eine magische Wand, die jedes Eindringen verhindern soll, damit die Balance erhalten bleibt. Die magische Drei, die durch die Stelen gebildet wird, ist die perfekte Zahl, zu der nichts hinzugefügt werden muss. Sie ist Ausdruck von Gedanke, Wort und Handlung. Der "Magische Kreis" symbolisiert die Geschichte der Menschheit in ihrem Sein und Werden mit ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
(Quelle: Katalog zum Hartgesteinsymposium 2000)
Exkurs:
Schaut ihr nach rechts, seht ihr eine weitere Stele. Diese wurde vom Stolper Künstler-Duo Hendrikje Ring und Lars Wilhelm erschaffen und trägt den Titel "Leuchtturm". Die beiden Kunstschaffenden konnten sich bei einer regionalen Ausschreibung gegen vier weitere Bewerber*innen mit ihrem Entwurf durchsetzen. Diese Stele gehört also nicht mit zur Findlingskunst des Hartgesteinsymposiums.
Der rohe Stein wurde so wenig wie möglich bearbeitet. Die Stele besticht durch ihre 32 Glasscheiben, die durch 30 Liter Silikon mit dem Findling verbunden worden sind. Insgesamt wiegt die Skulptur 5,5 Tonnen. Das Projekt kostete insgesamt 22.000 Euro, die die Stadt aus Eigen- und Fördermitteln stemmte.
Und jetzt wünsche ich euch einen tollen Spaziergang entlang des Mündesees. Genießt den Ausblick und die Steinkunst. Wir treffen uns an der Mälzerei wieder, wo ihr die nächsten Kunstwerke entdecken könnt.
Alte Mälzerei - Hartgesteinsymposium 2008
Prenzlauer Straße 5, 16278 Angermünde, DE
Auf dem Platz vor der Mälzerei fand 2008 das achte und erst einmal letzte Hartgesteinsymposium statt, bis der heimische Bildhauer Jörg Steinert 2020 diese Idee erneut aufgriff und die Organisation in die Hand nahm. Hier vor der Alten Mälzerei entstanden die Werke "Leuchtturm" von Ton Kalle aus den Niederlanden, "Genesis" von Jörg Steinert, "Expansion" vom japanischen Künstler Yoshimi Hashimoto, "Dazwischen" vom damaligen Leiter des Symposiums Joachim Karbe, "Berührung" von der französischen Künstlerin Catherine Léva.
Der "Leuchtturm" von Ton Kalle (bitte nicht verwechseln mit der Skulptur "Leuchtturm" am Seetor von Hendrikje Ring und Lars Wilhelm) wurde nach dem Symposium am Mündeseerundweg aufgebaut. Wir gehen später wieder zur Uferpromenade zurück, wo ich euch noch einige Skulpturen näherbringen möchte. Wenn ihr danach noch etwas den Mündeseerundweg entlang wandern möchtet, kommt ihr nach ca. drei Kilometer am Aussichtspunkt vorbei, an dem Ton Kalles "Leuchtturm" steht. Nehmt euch ein kleines Picknick mit, denn so versteht Ton Kalle sein Kunstwerk: als Treffpunkt für Familien, Freund*innen und Verliebte. Doch bitte räumt den Platz wieder auf und lasst keine Zigarettenstummel liegen, damit auch die nächsten Gäste ihre Freude am Aussichtspunkt haben. Wenn ihr zur richtigen Jahreszeit den Mündesee umwandert, könnt ihr Mirabellen, Pflaumen, Äpfel und Birnen als Wegproviant pflücken.
Widmen wir uns jetzt den Kunstwerken, die auf dem Platz vor der Alten Mälzerei geblieben sind. Da ist die Skulptur der französischen Künstlerin Catherine Léva mit dem Titel "Berührung". Ich rate euch, geht um das Werk herum, schaut es euch aus der Distanz, in unterschiedlichen Blickwinkeln, an und ihr werdet feststellen, die Berührungspunkte der beiden Findlinge verändern sich. Mal berühren sie sich gar nicht, gehen dann scheinbar aufeinander zu, berühren sich nur an kleinen Flächen, um aus der nächsten Position heraus ineinander zu verschmelzen. Dieser Wandel aus Nähe und Distanz, je nachdem, wo sich die betrachtende Person gerade befindet, hat auch etwas Geistiges an sich, weil eine Berührung nicht immer körperlich sein muss. Du als Betrachter*in hast zusätzlich die Chance, selbst zu schauen, inwieweit dich das Ensemble berührt und du mit ihm in Kontakt treten möchtest.
Der Japaner Yoshimi Hashimoto war 2004 und 2008 beim Hartgesteinsymposium vertreten. Seine Skulpturen "Wolken" und "Expansion" wurden von der Stadt Angermünde, mit Unterstützung der Sparkasse Uckermark und dem Freundeskreis engagierter Bürger, angekauft.
Die Skulptur, ein geborstener Granitbrocken, dessen auseinanderstrebende Teile durch Stangen gehalten werden, lässt uns direkt ins Zentrum des Findlings schauen. Ein harter Stein, dem anscheinend nichts etwas anhaben kann, steht wie zerbrochenes Porzellan vor uns und offenbart uns das, was wir vorher nicht sehen konnten, als schauten wir in das Innere eines Körpers, in dem das geschützte Baby friedlich schlummert. Durch die transparente Struktur, die Hashimoto geschaffen hat, können wir durch den Körper hindurch und in ihn hinein schauen. Und so wirkt der Findling kraftvoll und schutzlos zugleich.
Schaut ihr auf den Hügel links neben der Mälzerei seht ihr sein zweites Werk, das vier Jahre zuvor entstanden ist. Die Wolkenformation aus hartem, schweren Stein, verbindet sich mit dem Himmel und den dahinziehenden gasförmigen Wolken, die ihre Form und Farbe ändern und sich im Sonnenschein auflösen. Auch hier haben wir wieder das harte Element des Steines und das weiche und transparente aus Licht, Wasser und Luft. Hashimoto sagt selbst über sein Werk: "Die natürlichen, freien Formen von Findlingen haben mich an die Formen von Wolken erinnert. Das hat mich dazu bewegt, ohne die Formen zu ändern, aus den steinernen Zeugen der Eiszeit Wolken zu gestalten." (Zitat aus dem Katalog zum 7. Hartgesteinsymposium 2004)
Die Skulptur "Genesis" mit einem Gewicht von ca. 8 Tonnen, ist nur eine der Arbeiten aus dem gleichnamigen Projekt von Jörg Steinert. Die Werke entstehen alle aus Gneisgranit, der während der letzten Eiszeit seinen Weg aus dem hohen Norden in die Uckermark fand. "Ich habe Steine bis zu 16 Tonnen Gewicht bearbeitet. Es geht mir immer ums Zeigen von Kräften, genauer gesagt, geht es um den Versuch der Darstellung transzendenter Kräfte." Hierbei spielt der Wechsel von Oberfläche und Struktur ebenso eine Rolle, wie die Form im Stein. So entsteht das Gefühl, der Stein öffnet sich oder die Form im Stein bewegt sich nach außen, öffnet oder schließt sich. Die Skulpturenreihe "Genesis" aus der diese Skulptur stammt, versucht eine Schwingung zu erzeugen und etwas über das Wesen der Dinge auszusagen. Mehrere dieser Arbeiten sind inzwischen in Privatbesitz oder wurden von öffentlichen Einrichtungen erworben. Diese Skulptur vor der Mälzerei erwarb die Sparkasse Uckermark.
Dorsten Diekmanns Werk "Ikarus" aus dem Jahre 2004 steht auf dem Vorplatz des Klosters. Vier Jahre zuvor entstand auf dem gleichen Platz sein Werk "Dynamik", das später seinen Standort zur Alten Mälzerei wechselte. In "Dynamik" spielt Diekmann ebenfalls mit der Spiegelung im Stein durch die sehr stark polierte Oberfläche. Dorsten Diekmann war von seinem Findling von Anfang an begeistert. Die Größe, Form, Farbe und Struktur ließen seiner Fantasie freien Raum. Wie auch schon im Werk "Ikarus" gab er auch diesem Stein eine Bewegung, eine Richtung. Die hochglanzpolierte Seite spiegelt die Umgebung wider. Bei Regen wirken die rauen Flächen des Steins schwer, die polierten noch glatter und bei Sonnenschein und blauem Himmel, wirkt der Findling leicht, fast beweglich. Entscheidend sind auch die haptischen Reize. Bitte, schaut euch das Werk nicht nur von weitem an. Geht heran, berührt die unterschiedlichen Oberflächen, schließt dabei eure Augen und lasst eure Fingerspitzen den Stein lesen.
Diese Station beende ich mit den Worten des damaligen Initiators Joachim Karbe, dessen eigene hier entstandene Figur "Dazwischen" mittlerweile am Krankenhaus steht: "Es bleibt jedem am Ende selbst überlassen, welche Assoziationen ein Kunstwerk bei ihm persönlich weckt. Die Künstler haben eine Idee, doch eine fertige Meinung drückt die Kunst dem Betrachter nicht auf."
Uferpromenade
Seestraße 21, 16278 Angermünde, DE
Zurück auf der Uferpromenade gehen wir links am See entlang. Hier seht ihr weitere interessante Kunstwerke, die in unterschiedlichen Symposien entstanden sind. Stehen bleiben möchte ich mit euch an Rob Schreefels "Tor". Der niederländische Bildhauer war 1997 beim 5. Hartgesteinsymposium dabei und erschuf seine Skulptur auf dem Klosterplatz. Dort entstanden auch die Werke "Verlorene Zeit" von Tom Wagenaar ebenfalls aus den Niederlanden, "Treppe" von Birgitt Knappe, Korsett von Stanislaw Gierada aus Polen, "Segel mit Durchsicht" von Joachim Karbe, "Pferd und Reiter" von Pauls Jaunzems aus Lettland und "Einheit" von Janis Karlovs, der ebenfalls aus Lettland angereist kam. All diese Werke wurden vom Klosterplatz hierher zur Promenade transportiert. Zwei weitere, "Sehnsucht" von Jörg Steinert und "Kopf" vom polnischen Künstler Slawoj Ostrowski (†) wurden am Krankenhaus und in der Innenstadt aufgestellt.
Kommen wir zum "Tor" von Rob Schreefel. Die Skulptur markiert gedanklich wie materiell einen Grenzpunkt zwischen kultischem Ort und alltäglicher Welt. Tore sind Eingänge zu Tempeln, Kirchen, Synagogen, Moscheen und anderen religiösen Stätten. Ein Tor ist also der Eingang zum Spirituellen und Transzendenten, das auch schon in der frühzeitlichen Geschichte eine Rolle spielte. So erinnert Schreefels Werk dich sicherlich ein wenig an Stonehenge. Bleib nicht vor dem Tor stehen, geh hindurch, um zu erfahren, was der Künstler mitteilen möchte. Wenn du hindurchgehst, liegt die Landschaft, die du eben noch von Steinen umrahmt gesehen hast, unbegrenzt bis zum Horizont vor dir. Durch den Gang durchs Tor nimmst du sie anders wahr, denn du betrittst das, was dahinter liegt und begibst dich in eine andere Welt. Warum zwei Tore fragst du dich vielleicht. Nun, Rob Schreefel hat Humor, er wollte nicht, dass große Menschen sich den Kopf stoßen, darum hat er lieber noch einen zweiten Durchgang geschaffen.
Gehen wir weiter und schauen uns "Pferd und Reiter" aus der Nähe an. Pauls Jaunzems hat sich ebenfalls einem religiösen und kultischen Thema gewidmet. Pferde spielten in der Mythologie eine wichtige Rolle. Götter nahmen ihre Gestalt an, Kentauren waren halb Mensch, halb Tier und die Griechen nutzen das Trojanische Pferd, um ihre besten Krieger darin zu verstecken. Der Bildhauer bedient sich einer archaischen Formensprache und verweist auf die mythologische Welt. Gleichzeitig steckt ein wenig Kritik an unsere heutige Zeit in seiner Skulptur. Der Mensch, der sich über alles erhebt und sich selbst als zentralen Bezugspunkt sieht.
Mögt ihr diese Verbindungen zur alten Welt, die uns so viele Rätsel hinterlassen hat? Dann zeige ich euch noch eine weitere Figur am Mündesee, bevor wir Richtung Innenstadt gehen. Geht drei Skulpturen weiter, dort lesen wir uns wieder.
Das "Tor" ist eine meiner liebsten Skulpturen am Mündesee. Doch genauso gerne habe ich das Werk "Einheit" von Janis Karlovs. Bei meinem ersten Spaziergang an der Skulpturen-Promenade habe ich gedacht, es sei die Büste einer blinden Kuh (wie das Kinderspiel). Oben zwei Hörner oder Ohren, der nächste Stein das Tuch, das die Augen verbindet, dann eine Schnauze und der letzte Stein stellt noch ein wenig Oberkörper dar. Fertig! Gleichzeitig musste ich an eine Kultstätte denken. Die Verehrung der heiligen Kuh. Als ich einige Jahre später eine Quelle fand, die mich aufklärte, lag ich mit dem Abbild einer Kuh zwar völlig daneben, der Gedanke an eine Kultstätte war jedoch gar nicht so falsch. Der Künstler selbst sagt von seinem Werk: "Aus Skandinavien kommende, tausendjährige Steine sind ins Weite zerstreut. Diese Steine sind einsam und verwirrt. Der Bildhauer, tief ursprüngliche Naturkräfte fühlend, lässt seine Zuschauer in seiner Arbeit Macht und Größe der Ewigkeit fühlen. Das ist ein Strom der Energie, die den Menschen geistig auflädt und erneuert. Vom Altertum fliegende Energie ist auch solche Energie, die Jahrhunderte weiterbringt. Das ist ein großes Naturgeheimnis."
Der Künstler schafft eine Verbindung zur Vergangenheit, die weitergegeben wird von Generation zu Generation und so eine Verbindung zu unseren Ursprüngen schafft und zu unserer gemeinsamen kulturellen Vergangenheit.
Lasst die Figur im Zusammenhang mit der Weite des Hintergrunds auf euch wirken. Nehmt euch selbst die Zeit, euch mit der Vergangenheit zu verbinden.
Wenn ihr zur nächsten Station möchtet, die findet ihr auf der Karte und dort warte ich auf euch.
Marienkirche "Das Für und Wider" von Hella Horstmeier
Hoher Steinweg 12, 16278 Angermünde, DE
Ihr seid jetzt am Hohen Steinweg und blickt auf die Marienkirche. Vor der Kirche seht ihr die Skulptur "Das Für und Wider" von Hella Horstmeier aus Berlin. Die Bildhauerin war beim 6. Hartgesteinsymposium im Millennium-Jahr vertreten und bearbeitete ihren Findling auf dem Klosterplatz.
Die aus Wernigerode stammende Künstlerin hat ihr Atelier auf dem Künstlerhof Buch im Berliner Bezirk Pankow. Der Künstlerhof sieht sich als kulturelles Zentrum und Wirkungsstätte von Kunstschaffenden unterschiedlichster Genres. Die Künstler*innen freuen sich, wenn ihr einmal vorbeischaut. Vorher jedoch bitte anrufen!
Zur Skulptur "Das Für und Wider" möchte ich Hella Horstmeiers eigenen Worte wiedergeben.
"Immer wieder fällt mir auf, dass vor allem Findlinge ein intuitives Vorgehen benötigen, eine grundsätzliche Klärung der Behandlung und der Form. Sie fordern damit die Bereitschaft, zu warten und ihnen unbefangen zu begegnen.
Eine Spur ist zu sehen, hochpoliert führt sie über den Stein und endet in ihrer größten Breite beim Aufbruch. Hier lässt der natürliche Stein ein Stück in sein Inneres sehen, wo Licht und Schatten sich abwechseln. Aus ihm kommt der Stahl, künstlich und hart, und trotzdem sind nicht nur ähnliche Formen, auch gegensätzliche zu finden. Er zeigt gleichzeitig Anlehnung und Führung, je nach Sichtweise und Standort.
Mit Gegensätzlichkeiten zu arbeiten, ist ein wiederkehrendes Thema meiner künstlerischen Auseinandersetzung. Nur durch sie können wir so manches richtig erfahren. So wird das gemeinhin Getrennte verbindend sichtbar gemacht." (Quelle: Katalog zum Hartgesteinsymposium 2000)
Ihr interessiert euch für die Marienkirche und möchtet mehr über sie erfahren? Dann rate ich euch, an einer Stadtführung teilzunehmen. Auf dem Weg zur nächsten Skulptur kommt ihr am Haus Uckermark vorbei. Ihr könnt es nicht verfehlen, vor seiner Tür steht die Skulpturengruppe "Die Heiden von Kummerow" von Werner Bruning. In der Tourist-Information erhaltet ihr Tickets für die Stadtführungen und auch für die abendliche Theaterstadtführung mit Spielszenen an historischen Orten.
Innenstadt "Kopf" von Slawoj Ostrowski (†)
Brüderstraße 20, 16278 Angermünde, DE
Am Kloster fing es mit einem Kopf an und hier endet unsere Tour erst einmal ebenfalls mit einem Kopf.
Slawoj Ostrowskis (†) Schaffen war von vielen dieser Köpfe geprägt. Der Kopf ist der Sitz unseres Gehirns und so wird hier anscheinend das Denken über das Fühlen gestellt, da der Körper im Stein verweilt. Der starre Stein, der gefühllos auf dem Boden steht und der mäßig ausgebildete Kopf, der kühl bleibt und dessen Funktion über die des Körpers steht. Doch ist der Kopf im Gegensatz zum Körper klein. Schmächtig sitzt er auf den breiten Schultern, die ihn sicher tragen und sogar verteidigen können.
Stefan Pohl interpretiert die Skulptur im Katalog zum 5. Hartgesteinsymposium wie folgt: "[...] Gerade die Kontraste zwischen Kopf und Körper, groß und klein, bearbeitet und unbearbeitet, fein und grob, naturalistische Form und rein plastische Masse lassen an die geistesgeschichtlichen Auseinandersetzungen um die Themenbereiche Geist und Körper, Intellekt und Sensus oder auch Psyche und Instinkt denken. Je nach Betrachter wird sich die Reflexion über das humane Selbstverständnis verschieben und in individueller Ausprägung beantwortet werden müssen."
Der 1943 in Polen geborene Künstler verstarb leider im März 2018. Neben seinen Köpfen schuf er klassisch realistische Werke. Unter anderem die "Günter Grass Bank" in Danzig, auf der ein Junge mit einer Blechtrommel sitzt.
Habt ihr erst einmal genug Kunst genossen? Braucht ihr eine Pause? Dann empfehle ich euch ein schönes Eis. Hier in der Innenstadt habt ihr mehrere Möglichkeiten. Ihr könnt regionales Eis probieren, Softeis essen, Bio-Eis schlemmen oder ausgefallene Kreationen testen. Findet für euch die passende Eis-Variante oder genießt einen leckeren Kuchen zum Kaffee und stärkt euch für weitere Aktivitäten.
Ein kleiner Tipp noch von mir: Der stumme Rundgang mit den "Roten Schildern". Eine Initiative von Ute Heese, die dafür gesorgt hat, dass fast 90 Gedenkschilder etwas über Angermünde erzählen. Schaut euch an den Häuserwänden um und erfahrt mehr über die historische Stadt.
Ich hoffe, euch hat meine Führung gefallen. Falls ihr eine kleine Aufwandsentschädigung hinterlassen wollt, dann könnt ihr dies über Paypal "info@uckermarkerleben.de" gerne machen.
Herzlichst
Eure Kena Hüsers
Exkurs - Angermünder Künstler Christian Uhlig
Klosterstraße 44, 16278 Angermünde, DE
Der aus Dresden stammende Künstler Christian Uhlig, lebt seit 1999 in Angermünde. Hier am Kloster könnt ihr die Skulptur "Geschichte ohne Ende" entdecken. Christian Uhlig sagt selbst über seine Skulptur: "Die historischen Ereignisse der Verfolgung der Waldenser als Ketzer durch die Franziskanermönche in Angermünde waren Anlass für mich, eine Skulptur zu der Geschichte von Ketter Angermünde zu gestalten. Bei der Darstellung der Historie wollte ich aber nicht stehen bleiben. Die Auseinandersetzung zwischen unterschiedlich Denkenden und Handelnden ist nicht ein Ereignis nur im Mittelalter, sondern es ist ein Prozess in allen Epochen der Menschheit bis in die Gegenwart - eben eine Geschichte ohne Ende."
Christian Uhlig schuf zwei Figuren, Rücken an Rücken stehend, auf einem gemeinsamen Sockel, sich gegenseitig Halt gebend. Sie gehören zusammen, ob sie wollen oder nicht. Ohne den aufmüpfigen, anders Denkenden wird der Dogmatische nicht sichtbar und ohne den Konservativen oder Intoleranten braucht es den vorwärts Drängenden nicht.
Geht ihr am Kloster vorbei in Richtung Kaisergarten, entdeckt ihr die nächste Skulptur des Künstlers mit dem Namen "Tor - geschlossen offen". Diese Arbeit entstand im Rahmen des Kunstprojektes „50 Tore“ der Partnerstadt Espelkamp. Tore können Geschlossenheit und Ablehnung demonstrieren, aber auch Offenheit und Einladung symbolisieren. "Ich zeige ein geschlossenes Tor, welches die Menschen Kraft ihrer Phantasie durchdringen oder überwinden. Die Kulturgeschichte hat bis in jüngste Vergangenheit bewiesen, dass Mauern und Tore nicht unüberwindlich sind. Die Menschen finden immer wieder Wege - auch verbotene - die Hindernisse zu bewältigen", so der Künstler über seine Arbeit.
Beim Marktbrunnen, den ihr vor dem Café "Hilde und Heinz" auf dem Marktplatz findet, hat sich Christian Uhlig ganz besonders mit der Region und der Bedeutung eines örtlichen Brunnens beschäftigt. Hier wurde jedes Detail liebevoll durchdacht und eingearbeitet.
Auch hier lasse ich den Künstler selbst zu Worte kommen: "Ein Marktplatz ist die Bühne öffentlichen Lebens. Er ist Raum der Handlung, der Kommunikation, der Auseinandersetzung. Der Marktplatz mit seiner Gestaltung und architektonischen Umrahmung ist das Gesicht gesellschaftlicher Verhältnisse. Diesen Raum haben auch in Angermünde vergangene Epochen gestaltet und beherrscht und die nachwachsende Generation muss ihn sich neu aneignen, ihre Zeichen setzen bei aller Achtung gegenüber historisch gewachsenen Strukturen. Diese Grundüberlegungen bilden die Basis meiner Gestaltung. Nur wenig verändert, wird die historisch vorgegebene Platzgestaltung belassen und in ihr konsequent nach Achsen und Sichtbeziehungen für die Einordnung der Brunnenanlage gesucht. Der optimale Standort befindet sich außerhalb der Platzmitte. [...] In diesem Zentrum stellt sich die Gestaltung diagonal, sperrt sich scheinbar gegen die vorgegebenen Strukturen, bildet ein bewusstes Spannungsfeld. Es ist das Spiel der Kontraste, welche sich gegenseitig steigern und sich letztlich doch wieder harmonisch einfügen in das Bestehende. Eingeleitet wird die Anlage von drei kleinen Objekten an den Hauptzugängen des Marktplatzes. Scheinbar vom Handwerker vergessen, die Werkzeugkiste, eine Katze hat ihren Ruheplatz in einer Mauerecke gefunden und ein Markttisch mit Fischen - diese Plastiken stellen sich dem Fußgänger in den Weg. Hier schon klingt das an, was sich im Zentrum zur eigentlichen Brunnenanlage ausweitet. Plastiken, die durch das Wasser und die Menschen auf dem Platz lebendig werden, sind begehbar, allseitig erlebbar. [...] Das Wasser spritzt aus den Plastiken, teils direkt auf die Klinker, teils in das Boot, um aus Löchern wieder aus demselben herauszulaufen. Glitzernd rinnt das Wasser über die flache Neigung der Flächen und tropft an deren Kante nach unten in eine Sammelrinne, welche das Wasser offen in einen Abfluss befördert. Auf seinem ganzen Lauf ist das Wasser erlebbar, spürbar, anfassbar."
Weiter beschreibt der Künstler die verwendeten Symbole seiner Plastik:
Werkzeug-Kiste: "Das Kleingewerbe und das Handwerk haben diese Stadt gebaut und geprägt. […] Wie viele Gewerke haben in dieser Kiste ihr Werkzeug abgelegt, um sich im „Schweizer Hof“ zu treffen?" (Anm. der Autorin: Der "Schweizer Hof" war eine beliebte Gaststätte, die über 100 Jahre im Besitz der Familie Schmidt war und 2019 schließen musste.)
Katze: "Katzen haben in ihrem Charakter einen Wesenszug, welcher sehr ausgeprägt ist. Sie haben die Fähigkeit, sehr schnell und deutlich zu erkennen, welche Plätze ihnen angenehm und welche ihnen ungeeignet erscheinen. Die letzteren meiden sie so konsequent, wie sie die ersteren bevorzugen. Das kann bis zur Vertreibung des Hausherren aus der geliebten Sofaecke gehen. Wenn sich eine Katze entspannt niederlässt, geht es ihr bestens. Ich wünsche den Betrachtern gleiches Wohlbehagen in dieser Stadt. Dass die Katze gewissenhaft ihre Mäuse zählt - nun, die Stadtverwaltung lässt grüßen!"
Fische: "Dieser Platz ist seit alters her ein Marktplatz - ein Ort des Handelns und des Handels, ein Ort der Kommunikation. Symbolisch steht hier ein Verkaufstisch mit Fischen und Gewichten, das Ergebnis fleißiger Arbeit und Ausdruck merkantiler Tätigkeit. Auch kleine Diebe sind auf Märkten präsent und möchten an den Köstlichkeiten partizipieren. Doch dagegen ist ebenfalls ein kleines Instrument vorrätig."
Stuhl: "Ein Stuhl ist eine Einladung zum Verweilen, zum Entspannen, Betrachten oder einfach zum Wohlfühlen. Dieser hier ist bereits teilweise belegt mit alltäglichem Gemüse. Aber der aufmerksame Betrachter findet darin bescheiden und fast untergegangen die Kultur - fast wie in der Realität. Dieser Stuhl als Ort zum Fototermin für jedes Hochzeitspaar, welches das Rathaus verlässt. Ich könnte mir das als schöne Tradition vorstellen."
Figuren: "Aufrecht und selbstbewusst gehen die Beiden über den Markt. Scheinbar voneinander abgewandt, kokettieren sie doch miteinander. Die praktische Frau hat immer die nötigen Utensilien dabei und sorgt für das leibliche Wohl. Der Mann ist der technikbesessene Weltverbesserer. Er würde am liebsten sogar einen Spazierstock motorisieren. Hier ist es nur eine Gans, die er in eine „Adler“ verwandelt hat. Das etwas Ungewöhnliche ihrer Kleidung ist Zeichen des Humors und einer Kreativität, welche die Angermünder doch in sich tragen. Bewahren Sie sich dies und erhalten Sie sich als Erwachsenen noch die Fähigkeit, mit Spielzeug zu spielen."
Kahn: "Nach allen vorangegangenen Erläuterungen müsste man nun die inhaltlich Gewichtigste an diesem größten der Teile erwarten. Dem ist nicht so. Der Kahn ist zunächst das Brunnenbecken, zuständig dafür, dass ein lebhaftes und witziges Wasserspiel zustande kommt. Natürlich habe ich nicht umsonst einen Kahn genommen. Der Kahn ist zugleich Sinnbild der wasserreichen Umgebung Angermündes und sowohl Arbeitszweck mancher Berufe als auch Freizeitinhalt vieler Bürger. Alte Dingen haben ihre Geschichte. Wie sind sie entstanden, welche Menschen haben sie gebaut, benutzt, gepflegt. Wie haben diese Menschen gelebt, sich gekleidet oder wo sind sie jetzt. Wer hat die letzten Flicken an den Kahn gesetzt, bevor er hier gelandet ist. Ein fabrikneuer, glatter Kahn hätte diese Geschichten nicht zu bieten, so wie neue Häuser noch keine Geschichten zu bieten haben. Aber wie diese historische Umgebung hier, die mit Liebe und Geduld wieder restauriert wird, von der Geschichte und den Geschichten zeugt, so soll dieses alte Teil unsere Gedanken zum Fantasieren über seine Erlebnisse anregen. Bleibt noch der enge Vogelkäfig mit den beiden Enten. Sehen Sie da oben auf den Reusenstangen die Freiheit sitzen und kommen Sie auf eigene Gedanken."
Wenn ihr zur Heilig-Geist-Kapelle geht, findet ihr im Hof der Städtischen Werke Angermünde einen alten Brunnen, den Christian Uhlig ebenfalls künstlerisch aufgewertet hat. Auch hier lasse ich den Künstler selbst zu Worte kommen: "Der Entwurf beinhaltet das Anliegen, zwischen dem historischen Umfeld und dem modernen Neubau der Städtischen Werke eine Brücke zu schlagen. Auf dem unveränderten Brunnenkörper, lediglich durch ein neues Gitterwerk und neuem Natursteinrand aufgewertet, erhebt sich eine Edelstahl-Skulptur. [...] Die Basis der Skulptur bildet ein großes Angermünder A, welches die Brunnenöffnung überspannt. Auf diesem richtet sich eine ca. zwei Meter hohe, lebendige Säulengestaltung auf, gebildet aus Rohren und vogelförmigen, lebhaften Flächen aus gebeiztem Edelstahl. Durch die Höhe ist die Gestaltung auch aus größerer Entfernung und von tieferen Standorten erlebbar und durch das matt glänzende Material hebt sie sich optisch gut aus dem Umfeld heraus. Lebendig wird die Skulptur durch die innewohnende Bewegung und das reflektierte Tageslicht sowie in der Dunkelheit durch Strahler, die attraktiv auf dieses Kunstwerk aufmerksam machen."